Rückblick: Barrierefrei kommunizieren – was heisst das heute?
«Barrierefreiheit ist für manche von uns eine Notwendigkeit, aber davon profitieren können wir alle.» Dass grosser Aufholbedarf besteht, zeigen Stichproben auf Websites renommierter Unternehmen. Das nehmen wir vom ZPRG-Event mit Manu Heim und Mo Sherif mit.
Manu Heim, Projektleiterin für Barrierefreie Kommunikation an der ETH Zürich, und Mo Sherif, Accessibility Consultant bei der Stiftung Zugang für alle, führten am Mittwoch, 19.06.2024, durch das ZPRG-Webinar «Barrierefrei kommunizieren – was heisst das heute?».
Wenn «einfach kurz wegklicken» keine Option ist
Mo Sherif ist geburtsblind. Er bewegt sich mithilfe eines Screenreaders durchs Web. Schon vor seiner Demonstration stiess er auf die erste Barriere: Beim Teilen seines Bildschirms über Zoom gelang es nicht, die Teilnehmer:innen-Leiste im Bild zu minimieren. Das entsprechende Feld konnte er nicht über den Screenreader anwählen.
Anschliessend führte Mo durch einige Websites (unter anderem Graubünden Ferien, Watson, SBB, Swica) und zeigte, wie ihm der Screenreader Seiten vorliest. Dabei stiess er auf zahlreiche Barrieren: von Text, der aufgrund unlogischer Titelhierarchien übersprungen wird, über Auswahlvorschläge, die er nicht mitbekommt, bis hin zu Formularen, in denen er nicht navigieren kann.
In sieben Schritten zu mehr Barrierefreiheit
Im Anschluss gab Manu Heim Hinweise, wie sich Websites barrierefreier gestalten lassen, denn «Barrierefreiheit ist für manche von uns eine Notwendigkeit, aber davon profitieren können wir alle»:
- Überschriftenformate nutzen: Screenreader lesen die Hierarchien der Überschriften vor, was beim Navigieren hilft.
- Listen einsetzen: Listen werden als solche angekündigt und Screenreader-Nutzer:innen wissen, was und welcher Umfang sie erwartet.
- Aussagekräftige Linktexte setzen: Links werden als solche benannt und mit Linktext vorgelesen. Dieser sollte auch ohne Kontext für sich stehen können. «Hier», «mehr erfahren» und «weiterlesen» eignen sich nicht.
- Ausdrucksstarke Alternativtexte schreiben: Informative Bilder benötigen einen treffenden Alternativtext. Dekorative Bilder sollten als solche markiert werden.
- Farben bewusst einsetzen: Das Kontrastverhältnis zwischen Schrift und Farbe muss mindestens 4.5 zu 1 betragen. Man google «Colour Contrast Checker».
- Tastaturbedienbarkeit sicherstellen: Websites sollten völlig ohne Maus/Trackpad bedienbar sein.
- Tastaturfokus sichtbar machen: Der Tastaturfokus zeigt auf, wo man sich auf einer Website befindet, und ist essenziell für die Orientierung.
Wir nehmen ausserdem mit:
- Barrierefreiheit wird idealerweise von der Konzeptionsphase an mitgedacht.
- Der Screenreader hilft dabei, Barrieren zu finden (nicht nur für sehbeeinträchtigte Personen).
- Beeinträchtigungen sind nicht immer permanent, sie können auch temporär oder situativ sein.
Danke für das interessante Webinar!
Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem Bernetblog.
Weiterführend:
- Sieben goldene Regeln für mehr Barrierefreiheit
- Kursangebot der ETH Zürich zum Thema Barrierefreiheit
- Alle ZPRG-Events
- Alle Bernetblog-Beiträge zum Thema Barrierefreiheit